Ertappst Du dich auch manchmal dabei, dass Du einfach den leichtesten Weg auswählst? Mir passiert das zum Beispiel, wenn ich wenig Zeit habe. Ein Meeting jagt das Nächste und zwischendurch muss ich eine Kreativ-Session leiten. Und obwohl ich es eigentlich besser weiß, lande ich wieder beim guten alten 08-15-Brainstorming. Weil’s so schön einfach ist.
Es kommt, wie es kommen muss: Das Brainstorming läuft schleppend, die Ideen waren vorher auch schon bekannt und wirklich zufrieden ist keiner. Weder die Teilnehmer, noch ich als Moderator.
Was ist schiefgelaufen?
Ganz einfach. Schlechte Vorbereitung in Kombination mit schlechter Durchführung und einer Methode, die theoretisch jeder kennt, aber die Wenigsten richtig anwenden. Was meine ich damit?
„Lasst uns brainstormen!“ höre ich meine Kolleginnen und Kollegen manchmal sagen. Sie meinen damit aber nicht zwangsläufig die Methode „Brainstorming“, sondern wollen damit sagen, lasst uns Ideen entwickeln oder lasst uns kreativ sein. Im Sprachgebrauch hat sich „brainstormen“ eingebürgert. Also machen wir das klassische Brainstorming, bei dem alle Teilnehmer dem Moderator ihre Ideen zurufen und dieser alles ohne Kommentar notiert (schmunzel).
Funktioniert das wirklich? Meiner Erfahrung nach, eher selten.
Ich habe ein paar Fallstricke zusammengetragen, die Euch als Warnhinweise dienen können.
Fallstrick 1: Die Ideen werden bewertet
Ja, das soll tatsächlich vorkommen. Natürlich kennen wir alle die Brainstorming-Regeln (Keine Kritik! Quantität vor Qualität! Baue auf den Ideen Anderer auf! ...) Falls Ihr diese vorab im Meeting-Raum aufhängen wollt, ich habe ein Plakat gestaltet, welches ihr hier downloaden könnt. Wenn Ihr ganz auf Nummer Sicher gehen wollt, könnt Ihr auch mein Killerphrasen-Plakat aufhängen. Das ist hilfreich zur Sensibilisierung der Teilnehmer. Jetzt könntet Ihr einwenden, dass Eure Brainstormings funktionieren, weil sich die Teilnehmer an die Regeln halten. Aber was ist mit Bewertungen, die nicht ausgesprochen werden? Körpersprache, Mimik und Gestik können sehr viel sagen, ohne dass jemand auch nur ein Wort ausspricht. Schon mal beobachtet?
Fallstrick 2: Die Teilnehmer trauen sich nicht
Das ist das größte Problem. Dass es so etwas wie stille Teilnehmer gibt und Leute, die sich stark einbringen, das ist nichts Neues. Hier ist die Moderatorin gefragt, die „Stillen“ einzubeziehen. Die zweite Gefahr ist, dass die Wortführer die Ideen in eine Richtung lenken und sich die stilleren Teilnehmer nicht trauen, andere Ideen einzubringen. Insbesondere, wenn die Ideen von den Vorgesetzten stammen.
Fallstrick 3: Die Brainstorming-Session wird vorschnell beendet
Es gibt die Tendenz, dass wir uns mit den erstbesten Ideen zufriedengeben. Warum ist das so? Wir neigen dazu, unsere ToDo’s möglichst schnell abarbeiten zu wollen. Und wenn die ersten Ideen gefunden sind, die unserer Meinung nach ganz OK sind, dann können wir einen Haken setzen. Aufgabe erledigt. Passt. Nächstes ToDo. Aber Ideen zu entwickeln ist keine Standardaufgabe für unser Gehirn. Deshalb machen erfahrene Moderatoren häufig ein Pre-Brainstorming, in dem erstmal alle naheliegenden Ideen „abgeladen“ werden dürfen. Danach ist das Gehirn auf Betriebstemperatur und dann geht es mit anderen Methoden an die radikalen Ideen.
Fallstrick 4: Das Brainstorming erfolgt spontan ohne Vorbereitung
Bitte macht das nie! Never, ever. Ihr könnt nur verlieren. Jede Kreativitätstechnik bedarf einer guten Vorbereitung. Das Brainstorming scheint einfach, weshalb es besonders dazu verleitet, sich nicht gründlich vorzubereiten.
Welche Punkte sollte man vorbereiten?
Ihr braucht eine richtig gute Frage, die die Teilnehmer inspiriert und nicht zu eng gefasst ist. Ihr braucht ein gutes Warm-up, damit die Teilnehmer in „Kreativstimmung“ kommen. Ihr braucht ein interdisziplinäres Team. Wie ein solches Team aussehen kann, darüber schreibe ich in meinem Blog-Artikel „Wünsch Dir was! – Diese Leute brauchst Du unbedingt in Deinem Innovationsteam!“.
Ihr braucht den richtigen Ort, bitte nicht den Standard-Konferenzraum. Ihr braucht eine Zeitplanung und einen guten Abschluss. Alles andere ist Kamikaze und wirkt unprofessionell.
Meine Empfehlung
Auch wenn alle Welt vom Brainstorming spricht, nehmt Euch die Freiheit, etwas Anderes auszuprobieren. In einem Experiment der Universität Utrecht wurde herausgefunden, dass die Ideengenerierung mittels Brainstorming 20 bis 50 Prozent weniger Ideen hervorbrachte, als wenn jeder Teilnehmer für sich allein überlegt hätte. Eine mögliche Alternative ist das Brainwriting. Wenn Ihr mehr Abwechslung sucht, dann findet Ihr hier weitere Kreativmethoden mit Schritt-für-Schritt-Anleitung.
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